Was ist nachhaltiger: DVDs oder Streaming? Buch oder E-Book? Häufig scheint es sich bei der Gegenüberstellung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit um einen unvereinbaren Gegensatz zu handeln. Darum stellt sich generell die Frage: Kann die Digitalisierung einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten?

So viel ist klar: Die Ressourcen der Erde sind endlich. Darum scheint es eine Selbstverständlichkeit zu sein, verantwortungsvoll und nachhaltig mit ihnen zu wirtschaften. Tun wir dies nicht, berauben wir uns und den nachfolgenden Generationen nach und nach die Lebensgrundlage. Gleichzeitig ist der digitale Wandel der Wirtschaft und der Gesellschaft in vollem Gange. Aus Perspektive der Nachhaltigkeit handelt es sich dabei in vielerlei Hinsicht um eine weitere Verbrauchsquelle. Denn jede Google-Suche, jedes gestreamte Video und jede Mail verbrauchen Energie. Hinzu kommt die Herstellung der Geräte, die wir dazu nutzen und auf denen die Daten lagern. In diesem Blog-Artikel möchte ich darum ganz prinzipiell die Frage stellen: Stehen sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit wirklich unvereinbar gegenüber? Oder steckt in digitalen Lösungen nicht auch eine Chance, den Verbrauch von Ressourcen zu reduzieren?

Was ist Nachhaltigkeit?

Dabei ist zunächst wichtig zu klären, was Nachhaltigkeit genau ist. Im englischen Sprachraum wird hier das Wort “Sustainability” gebraucht und im Deutschen mit “Nachhaltigkeit” übersetzt. Ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen bedeutetet, diese nicht unwiederbringlich zu verbrauchen, sondern mit Hinblick auf ihre Regenerationsfähigkeit zu nutzen.

Häufig wird die Bedeutung des Begriffs jedoch weiter gefasst. Neben den umweltbezogenen Faktoren hat Nachhaltigkeit auch eine soziale und eine ökonomische Dimension. Nachhaltigkeit ist demnach die Verknüpfung von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft. Hinzu kommt eine zeitliche Dimension. Denn wenn es um die Ziele von Nachhaltigkeit geht, ist in der Regel die „intergenerationale Gerechtigkeit“ gemeint. Manchmal wird darum auch von Generationengerechtigkeit gesprochen. Zukünftige Generationen sollen nicht schlechter gestellt sein als die jetzt lebenden. Das Ziel von Nachhaltigkeit lässt sich demnach verstehen als das Projekt, das Leben und Wirtschaften „enkelfähig“ zu machen.

Können sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit vertragen?

Viele Aspekte des digitalen Wandels können aus der Perspektive des nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen als konträr wirken. Wenn Menschen immer häufiger online sind – beruflich und privat –, steigt der Energieverbrauch an. Sei es durch die Herstellung der Geräte selbst als auch durch die verstärkte Nutzung von Online-Diensten und Cloud-Services. Insbesondere der Energieaufwand für die Kühlung von Rechenzentren schlägt hier immer stärker zu Buche. Zudem werden immer mehr Dinge miteinander vernetzt (Internet of Things, Smart Home), was ebenfalls den Energieverbrauch ansteigen lässt. Diese Aufzählung ließe sich mit vielen anderen Anwendungsfeldern noch lange fortsetzen. Aber entscheidend ist etwas anderes.

Beitrag der Digitalisierung zur Nachhaltigkeit

Denn angesichts dieser Entwicklung ist es vielmehr entscheidend zu fragen: Wie kann man die Digitalisierung als Instrument nutzen, um die Ressourceneffizienz zu steigern und den Klimaschutz zu verbessern? Dabei liefert die Energiewende ein besonders sprechendes Beispiel. Denn mit der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen wird die Stromversorgung zu einer komplexen Herausforderung. Ohne die Digitalisierung wäre es gar nicht möglich, den Mix an unterschiedlichen Energiequellen optimal zu verstehen und zu steuern und mit dem Verbrauch zu harmonisieren. Hier ist auch vom intelligenten Stromnetz (Smart Grid) die Rede. Wenn erneuerbare Energiequellen in das Versorgungsnetzwerk integriert werden, braucht es eine intelligente Steuerung, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können. Nur so lassen sich die natürlichen Schwankungen beispielsweise von Wind- oder Sonnenenergie ausgleichen.

Ein anderes Beispiel liefert die Landwirtschaft. Wenn es hier um den verantwortungsvollen Verbrauch von Wasser oder den Einsatz von Pestiziden geht, kann die Künstliche Intelligenz einen wesentlichen Unterschied machen. Dadurch wird die nachhaltige Landwirtschaft nicht nur ökologisch, sondern trägt sich auch ökonomisch besser, weil aufwändige händische Arbeiten reduziert werden, der Einsatz von Wasser optimiert und die Notwendigkeit von teuren und zum Teil schädlichen Pestiziden überflüssig werden.

Auch der stetig steigende Stromverbrauch von Servern lässt sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz deutlich reduzieren. Die Bedeutung von Rechenzentren und der dort verbrauchten Energie lässt sich am Beispiel Frankfurt veranschaulichen – der Datenhauptstadt Deutschlands. In Frankfurt befindet sich einer der zentralen Internetknotenpunkte, der Deutschland mit dem Rest der Welt verbindet. Darum befinden sich dort auch fast 50 Prozent aller deutschen Rechenzentren. Jedes Quartal entsteht hier über drei Megawatt an zusätzlicher Rechenleistung durch den Neu- oder Ausbau von Rechenzentren. Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz lassen sich die Betriebskosten für Rechenzentren um bis zu 40 Prozent reduzieren. Dies bewies Google mit seinen eigenen Rechenzentren, deren Stromverbrauch für den Datenriesen einen signifikanten wirtschaftlichen Faktor darstellt.

Nachhaltigkeit ist ein digitales Thema

Die Digitalisierung kann also wesentlich dazu beitragen, sinnvoll und schonend mit den verfügbaren Ressourcen umzugehen. Die Frage, die sich daran anschließt, lautet: Wie können digitale Vorhaben verstanden und eingesetzt werden, um vom Problem zum Teil der Lösung zu werden? Dabei gibt es drei Ansatzpunkte, die im Rahmen von digitalen Vorhaben betrachte werden müssen:

  1. Digitalisierung mit Nachhaltigkeit als Ziel
  2. Nachhaltiger Einsatz digitaler Tools
  3. Sicherstellung der Nachhaltigkeit von digitalen Tools

Wenn man bei der Konzeption und Umsetzung von digitalen Vorhaben diese Aspekte prüft und berücksichtigt, lässt sich das Ziel der Nachhaltigkeit sicherstellen. Digitalisierung und Nachhaltigkeit stehen sich also nicht als Gegensatz gegenüber. Vielmehr kann die Digitalisierung, wenn sie richtig eingesetzt wird, Wachstum und Nachhaltigkeit miteinander verbinden sowie Wachstum und Ressourcenverbrauch voneinander zu entkoppeln. Sinnvoll eingesetzt bedeutet die Digitalisierung demnach vor allem eine Chance für nachhaltige Innovationen und eine nachhaltige Wirtschaft.